Reizüberflutung bei Kindern: Tipps zur Bewältigung und Prävention - Herby Family

Reizüberflutung bei Kindern: Tipps zur Bewältigung und Prävention

von unserer Expertin Ines Baier; Krippenpädagogin, Sozialpädagogin und Erzieherin:

Wir leben in einer Welt die reich ist an visuellen, auditiven und sensorischen Reizen. Für Kinder kann dies zu einer regelrechten Reizüberflutung führen, da ihr Gehirn und die Sinnesorgane noch nicht so ausgereift sind. Die vielen Reize, denen sie tagtäglich ausgesetzt sind, können ihre körperliche und geistige Gesundheit beeinträchtigen. Als Leitung einer Kita war es in meiner Verantwortung, Eltern und Betreuern zu helfen, diese Herausforderung zu bewältigen und Strategien zur Prävention zu entwickeln. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass dieses Thema in jeder Familie eine Rolle spielt. Daher behandelt dieser Artikel das Thema Reizüberflutung bei Kindern. Ich hoffe, ich kann hier ein paar Tipps und Möglichkeiten mitgeben.

 

Was ist Reizüberflutung bei Kindern?

Reizüberflutung tritt auf, wenn ein Kind mit einer großen Menge an sensorischen Reizen konfrontiert wird, die es schwer verarbeiten kann. Diese Reize können visuell, auditiv, taktil oder olfaktorisch sein. Kinder sind in ihrer Entwicklung besonders anfällig für Reizüberflutung, da ihr Nervensystem noch nicht vollständig ausgereift ist. Zu den häufigsten Ursachen gehören laute Umgebungen, übermäßige Bildschirmzeit, hektische Zeitpläne und überfüllte Räume. Kinder sind nun mal keine kleinen Erwachsenen. Ihr Zeitempfinden ist ein komplett anderes. Und sie leben mit allen Sinnen. Die Trennung der einzelnen Sinne, wie wir Erwachsene sie kennen, funktioniert bei Kindern nicht. Sprich: Ist ein Sinn überreizt, sind es alle.

 

Symptome der Reizüberflutung bei Kindern

  • Gereiztheit und Überstimulation: Kinder können gereizt und überwältigt wirken, haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, oder werden schnell wütend.
  • Kopfschmerzen und Bauchschmerzen: Übermäßige Reize können körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Bauchschmerzen auslösen. Da Kinder noch nicht genau sagen können, was ihnen weh tut, sind es meistens der Bauch oder der Kopf.
  • Schlafstörungen: Kinder können Schwierigkeiten beim Ein- oder Durchschlafen haben. Schlafstörungen sind das häufigste Symptom. Unser Gehirn verarbeitet die Reize im Schlaf. Auch Albträume zählen zu den Schlafstörungen.
  • Angst und Unruhe: Einige Kinder können ängstlicher werden oder Anzeichen von Stress zeigen. Vor allem zeigen Kinder beim Spiel diese Anzeichen. Kinder mit Symptomen von Reizüberflutung haben während des Spielens keinen Flow Zustand. Sie springen häufig von Spiel zu Spiel.

 

Was also können wir tun, wenn wir feststellen, dass eines unserer Kinder die oben genannten Symptome zeigt?

  • Schaffen Sie ruhige Rückzugsorte: Ein ruhiger Ort im Haus oder im Kindergarten/ in der Schule kann Kindern helfen, sich zurückzuziehen und sich zu beruhigen, wenn sie überwältigt sind. Als Tipp: Kinder lieben Höhlen! Ein Tisch mit einer großen Decke reicht zum darunter Vertiefen. Hier muss man kein großes Geld ausgeben.
  • Etablieren Sie Routinen: Strukturierte Tagesabläufe können Kindern Sicherheit und Vorhersehbarkeit bieten. Kinder lieben Wiederholungen!
  • Fördern Sie Naturerfahrungen: Zeit im Freien und in der Natur kann Kindern helfen, sich zu entspannen und sensorische Erfahrungen zu verarbeiten.
  • Hören Sie auf Ihr Kind: Kommunikation ist der Schlüssel. Hören Sie aufmerksam zu, wenn Ihr Kind über Reizüberflutung spricht, und nehmen Sie seine Gefühle ernst.

 

Damit es gar nicht so weit kommt und das eigene Kind nicht dauerhaft reizüberflutet wird, haben sich folgende Tipps im Alltag bewährt.

  • Begrenzen Sie die Reizquelle: Reduzieren Sie die Exposition gegenüber überwältigenden Reizen, wenn möglich. Vermeiden Sie laute Umgebungen und übermäßige sensorische Stimulation.
  • Pausen einplanen: Bauen Sie regelmäßige Pausen in den Tagesablauf Ihres Kindes ein, um sich zu erholen. Und ganz wichtig: Planen Sie den Tag mit den Augen ihres Kindes, also kindgerecht.
  • Bildung und Aufklärung: Erklären Sie Ihrem Kind, wie Reizüberflutung funktioniert, und lehren Sie es, die eigenen Bedürfnisse und Grenzen zu erkennen.
  • Entspannungstechniken: Integrieren Sie Entspannungstechniken wie Atemübungen oder Yoga in den Alltag Ihres Kindes.
  • Gemeinsame Aktivitäten: Unternehmen Sie gemeinsam ruhige und entspannende Aktivitäten. Seien Sie also Vorbild. Gestresste Eltern haben gestresste Kinder.

 

Nach so viel Tipps und Theorien stellt sich durchaus die Frage: Ist es überhaupt möglich ein Kind ohne ständige Reizüberflutung zu erziehen? Das die Welt so ist, wie sie ist, werden weder Eltern noch Pädagogen ändern können. Aber wir können ein Gegengewicht schaffen. Unser Alltag mit Kindern sollte nicht vollgepackt sein mit Erlebnissen. Vor allem sollten wir Erwachsenen uns selbst beobachten. Wann geraten wir wieder in dieses: Ich muss jetzt noch schnell… ? Wie oft ist es einfacher den Fernseher oder ein Hörspiel einzuschalten, statt mit dem Kind ein Buch anzusehen? Erst wenn wir unseren Alltag entzerren, wird auch der Alltag der Kinder entspannter werden.

Fazit

Reizüberflutung bei Kindern ist eine Herausforderung, die wir ernst nehmen sollten. Mit den richtigen Strategien zur Bewältigung und Prävention können wir alle dazu beitragen, dass Kinder in einer zunehmend reizüberfluteten Welt gesund aufwachsen und sich optimal entwickeln können. Und wenn alle Stricke reißen: einfach mal tief durchatmen und das Kind in den Arm nehmen.

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