Die richtige Dosierung von Vitamin D3 Produkten

Die richtige Dosierung von Vitamin D3 Produkten

von unserem Experten Dr. Thomas Haffner; promovierter Bio-Chemiker mit jahrzehntelanger Erfahrung in der Entwicklung von Arzneimitteln.

Viele Menschen sind irritiert, wenn sie sich mit der richtigen Dosierung von Vitamin D3 beschäftigen – völlig zu Recht!

Zum einen ist die Dosierung des Vitamin D3 in µg angegeben, aber oft liest man auch i.E. oder i.U..

Daneben kann man im Internet, in Zeitschriften etc. Verschiedenes über die empfohlenen Einnahmemengen aber auch über Risiken lesen.

Warum ist das so? Was ist richtig und was und wem soll man glauben?

 

Vitamin D3 Einheiten: i.E. (i.U) oder µg?

Beides gut und richtig!

Zunächst zu den Dosierungsangaben:
I.E. bedeutet „Internationale Einheiten“ und I.U. bedeutet das gleiche, nur auf Englisch („International Units“).  I.E oder I.U. ist die Angabe für die biologische Wirkung des Vitamins, also wie stark das Vitamin im Körper wirkt. Die I.E.-Angabe ist historisch gewachsen und wird verwendet, weil die biologische Aktivität bei Vitaminen wichtiger ist, als das reine Gewichtsmenge, da es bei manchen Vitaminen, wie dem D3 auch weitere Formen gibt, wie z.B. das Vitamin D2, welches aber zum Beispiel schwächer wirkt.

µg (= Mikrogramm) gibt einfach nur das Gewicht der Substanz im Produkt an (1 µg = 1 Mikrogramm = ein Millionstel Gramm).

Bei Vitamin D3 entspricht 1 µg = 40 i.E. – so einfach kann man die Angaben ineinander umrechnen.

Welche Erfahrungen machen Verbraucher mit den Vitamin D3-Angaben?

Verbraucher machen folgende Erfahrungen: im Internet finden Sie Vitamin D3-Produkte
zwischen 20 µg und 1.250 µg (800 und 50.000 i.E). Begriffe wie „Hochdosis“, „Wochendepot“, „Jahresvorrat“ stehen auf Produkten, die pro Tablette 50 µg, 140 µg oder 500 µg enthalten, alles Nahrungsergänzungsprodukte sind und offensichtlich rechtlich erlaubt, vermarktet werden dürfen. Die sichere Orientierung ist hier verständlicherweise schwer.

Daneben kann man z.B. auf einer Packung eines Vitamin D3-Produktes lesen, dass 20 µg bereits 400 % NRV (Nutrient Reference Value; 100 % NRV = empfohlene tägliche Zufuhr, der Bedarf eines Menschen) entsprechen, also dem 4-Fachen, dessen, was der Körper benötigen soll.
Der NRV-Wert wird von der Europäischen Kommission (hier ihrer Behörde EFSA = European Food Safety Agency) einheitlich für Europa festgelegt und beträgt für Erwachsene bei 5 µg Vitamin D3  = 200 i.E. = 100 % NRV.
Die Empfehlung in Deutschland, erarbeitet von der vom deutschen Bundes Gesundheitsministerium beauftragten DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.), ist 20 µg = 800 i.E. – also 4x so hoch.

Nun ist das Lebensmittelrecht in der EU nahezu vollständig vereinheitlicht, in allen EU-Länder gilt es gleich und so kommt es, dass die NRV-Werte aus den Empfehlungen der EU-Kommission auf den Packungen verwendet werden müssen – also NRV 5 µg / 200 i.E. = 100% und nicht der Empfehlungswert der deutschen DGE.

Wichtig zu wissen hierbei ist, dass

a) die NRV-Werte keine Empfehlung zur optimalen Versorgung sind, sondern nur der einheitlichen Kennzeichnung dienen und Orientierung der Verbrauchen dienen sollen und

b) sie nicht identisch mit den Empfehlungen der DGE oder der EFSA sind – sondern nur ein „technischer Kennwert“ auf den Verpackungen der Nahrungsergänzungsmittel!

Warum empfiehlt die Europäische Kommission 5 µg und die DGE 20 µg? Was ist richtig?

Die Antwort: irgendwie beides.

Über die notwendige Menge an Vitamin D3, die ein erwachsener Mensch benötigt, gibt es in der Wissenschaft unterschiedliche Angaben, aus unterschiedlichen Studien, die durchgeführt wurden. So kann man zeigen, dass der Blutspiegel von Vitamin D (er wird als Menge des ersten Umbauproduktes des Vitamin D3, dem Calcidiol gemessen) bei mindesten 30 nmol/ml Calcidiol liegen muss, um nicht an Rachitis (= „Knochenschwund“, „der Vitamin D Mangelerkrankung“) zu erkranken.

Die ungefähre Mindestmenge an Vitamin D im Körper kann man also am besten aus der Abwesenheit von Erkrankungen schließen, die auf Vitamin D-Mangel zurückzuführen sind. Die NRV-Werte, die in der EU verwendet werden, sind im Wesentlichen die für die Rachitis-Vorsorge, also die Mindestmenge.

Nun benötigt der Körper aber auch Vitamin D in anderen Bereichen des Stoffwechsels, nicht nur im Knochen/Calcium-Stoffwechsel: u.a. für das Immunsystem, das Nervensystem und Gehirn. Hier konnte man bislang nie genau bestimmen, welcher Wert für welche Funktion des Vitamins im Körper, ein „zu wenig an Vitamin D“ darstellt.

Dazu kommt noch folgendes: unterschiedliche Menschen nehmen eingenommenes Vitamin D3 unterschiedlich gut auf. Es gibt nicht wenige Menschen, die täglich große Mengen an Vitamin D3 einnehmen und bei denen die Blutspiegel über viele Wochen hinweg nur sehr langsam ansteigen. Bei anderen Menschen geht es schneller. Dies zeigt ein weiteres Problem auf in Bezug auf die Frage nach der richtigen Dosis.

Wie kommt es zu den unterschiedlichen Dosierungsempfehlungen?

Zunächst muss man sehen, dass es unterschiedliche Quellen von Informationen zu und Bewertungen über Vitamine und deren passende Dosierung gibt:

1.      Gesetzgeber (z.B. EU, Bundesrepublik und deren Behörden z.B. EFSA, BfR = Bundesinstitut für Risikobewertung)
Der Gesetzgeber und oft auch Gerichte legen fest, ob ein Stoff ein Lebensmittelbestandteil sein darf oder z.B. ab welcher Konzentration er ein Arzneiwirkstoff sein kann oder sogar sein muss.

.        Ernährungsgesellschaften (z.B. die DGE)
Die Aufgabe einer DGE ist es, auf wissenschaftlicher Grundlage Empfehlungen für die Ernährung zu entwickeln und zu verbreiten – für die Allgemeinbevölkerung, Fachleute, Politik und Medien. Die DGE ist ein Verein mit Fachleuten, staatlich gefördert, aber ohne gesetzgebende Funktion und nicht für Arzneimittel zuständig.

3.      Ärztinnen und Ärzte
Sie sind Fachleute für den menschlichen Stoffwechsel und haben ihren Fokus auf Krankheiten z.B. die Folgen von Mangelsituation bei Vitaminen. Sie empfehlen/verordnen Patientinnen/Patienten ggf. Vitaminpräparate (Nahrungsergänzungsmittel oder Arzneimittel), um Mängel, ärztlich angemessen effizient und sicher zu beheben. Ihre ernährungsphysiologische Erfahrung (vollständige, gute, vorbeugend-wirksame Ernährung) ist oft begrenzt.

4.      Anbieter von Vitaminpräparaten
Die Anbieter sind natürlich am Verkauf der Produkte interessiert. Sie möchten Produkte, die Kundinnen und Kunden besonders attraktiv finden, anbieten. Sie müssen aber dabei darauf achten, dass sie nicht gegen bestehende Gesetze oder gültig Gerichtsurteile verstoßen, da sie natürlich für die Produktsicherheit und deren Qualität haften. 
Mit den Anbietern zusammen oder auch unabhängig davon, arbeiten Autoren, Blogger, Influencer etc., die Informationen, aber auch manchmal persönlich gefärbte Botschaften über die Produkte, auch über deren Dosierung, veröffentlichen.

 Wie soll man sich als Vitamin D Nutzer /Nutzerin nun verhalten?

Eine sehr gute Orientierung ist es, sich an der Sicherheit der Einnahme zu orientieren, also an der Frage: ab welcher Dosierung könnte mir die Einnahmen von Vitamin D über den empfohlenen Mengen Schaden zufügen?

Man kennt eine wesentliche Nebenwirkung von zu hohen Vitamin D3 Dosen: die zu starke Aufnahme des Körpers von Calcium und damit ein Zuviel von Calcium um Blut. Dieses Zuviel kann Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Muskelschwäche, Herzrhythmusstörungen, Nierensteine, Nierenschäden bis hin zu Nierenversagen verursachen.
Für die täglich Einnahme Erwachsener von über 1.000 µg (= 40.000 i.E.) Vitamin D3 sind solche Fälle definitiv bekannt. Bei Einnahmen von über 250 µg (= 10.000 i.E.) Vitamin D3 kann es zu überhöhten Calcium-Spiegeln kommen.

Aus diesem Grund haben auch die Institute und Behörden in der EU und in Deutschland die Sicherheit bewertet: das EU-Institut EFSA definiert eine maximale Einnahme (Upper Limit = UL) eines Erwachsenen von 100 µg (= 4.000 i.E.) als sicher, das deutsche BfR sagt 25 µg (= 1.000 i.E.) sind sicher. Es ist davon auszugehen, dass beide Behörden ihre Entscheidung solide wissenschaftlich begründet haben und einen Sicherheitsabschlag nach unten bereits mit eingerechnet haben.

Folgende Werte hat die EFSA und die DGE - auch für Kinder - veröffentlicht:

 

empfohlene sichere Höchstmengen – Upper Limits (UL)

Alter

EFSA

DGE / BfR

0-6      Monate

25 µg      (1.000 I.E.)

10 µg      (400 I.E.)

7–12   Monate

37,5 µg  (1.500 I.E.)

10 µg      (400 I.E.)

1–10   Jahre

50 µg      (2000 I.E.)

20 µg      (800 I.E.)

ab 11 Jahre bis  Erwachsene

100 µg    (4000 I.E.)

20 µg      (800 I.E.)

 

Es spricht aus meiner Sicht nichts gegen die Orientierung an den EFSA-UL-Werten, für Menschen, die von sich wissen, dass ihre Ernährung nicht wirklich optimal ist und die auch nicht so oft im Sonnenlicht sind. So bekommt der Körper auf jeden Fall genug Vitamin D3 und Nebenwirkungen sind nicht zu erwarten. 
Wer auf „noch Nummer sicherer“ gehen will, orientiert sich an den niedrigeren DGE, BfR-Werten.

Wer deutlich über den EFSA-UL-Werten dosieren möchte, dem würde ich raten, vorab mit einer Ärztin oder einem Arzt zu sprechen und nach einigen Wochen der Einnahme die Vitamin D-Blutwerte bestimmen zu lassen.

 

Literaturhinweise

EU-Verordnung über die Informationen für den Verbraucher, die Verbraucherin über Lebensmittel – Anhang VIII: NRV-Werte für Vitamine und Mineralstoffe
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32011R1169

DGE-Webseite (www.dge.de) – Referenzwerte Vitamin D3
https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/vitamin-d/

Höchstmengenvorschläge des BfR zu Vitamin D3
https://www.bfr.bund.de/cm/343/aktualisierung-2023-hoechstmengenvorschlaege-fuer-vitamin-d-in-lebensmitteln-inklusive-nahrungsergaenzungsmitteln.pdf

 

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